Eine unvergessliche Heimatreise unseren Toten zur Ehre

Ein Bericht von Karl Weber

 

Ein Traum vieler Bulkeser ist wahr geworden. Wir konnten unseren 833 Angehörigen, die schon vor über sechs Jahrzehnten namenlos in der Erde verscharrt worden waren, ihre Identität und ihre Würde zurück geben, indem wir ihre Namen auf dem Friedhof ihres Heimatortes und dem Ort ihrer Väter und Mütter dokumentieren durften.

 

100 Bulkeser, Angehörige und Nachkommen, waren Zeuge bei diesem für unsere Heimatgemeinschaft so geschichtsträchtigen Ereignis. Sie waren Zeuge eines beispiellosen völkerverbindenden Geschehens mit großem menschlichen Ausmaß auf kleinster politischer Ebene.

 

Durch dieses Ereignis haben sich die ehemaligen Bulkeser und die heutigen Maglicer endgültig zu einer Einheit zusammengefunden, die als leuchtendes Beispiel für eine friedliche Zukunft unserer Völker in einem Europa der Vaterländer dienen sollte.

 

Die Nachricht über dieses Geschehen in dem kleinen Maglic, aber mit Menschen großen Herzens, sollte bei den Politikern in Belgrad und Berlin Gehör finden. Sie sollten darüber nachdenken, was möglich ist, wenn beide Seiten den unbedingten Willen zum gegenseitigen Verständnis haben.

 

Wir Bulkeser haben den Maglicern zu danken für ein Entgegenkommen, das seines Gleichen sucht. Ausgerechnet uns Bulkesern, mit den vergleichsweise größten Zivilverlusten, wird es gestattet, sie alle symbolisch heimzuholen.

 

Wir dürfen gewiss sein, dass dies ein Teil der Wiedergutmachung unseres Schöpfers an unseren Angehörigen ist, für Verbrechen, die Menschen an ihnen begangen haben.

 

Wir dürfen getrost sein, dass wir, die letzten der Erlebnisgeneration, welche die Toten noch persönlich kannten, dieses Ereignis noch miterleben durften.

 

Wir, die Anwesenden bei diesem Geschehen, waren alle an der Totenehrung beteiligt. Aber wir haben bewusst unseren 33 Nachkommen, die nicht mehr in Bulkes geboren wurden, dabei den Vortritt gelassen, um ein Band zwischen ihnen und unseren Toten zu knüpfen.

 

Wir von der Erlebnisgeneration können nun von dieser Welt mit der Gewissheit scheiden, dass unser Schöpfer unsere toten Angehörigen in sein Reich aufgenommen hat. 

 


 

Die Reise-Hinfahrt der Busse

Am Donnerstag, den 8. September, um 6.30 Uhr starteten die beiden Busse in Karlsruhe und Fußgönheim. Trotz großem Verkehrsaufkommen hielten sich die Verspätungen in den eingerechneten Grenzen, so dass beide Busse in Ansfelden im Abstand von 5 Minuten pünktlich eintrafen. Gab es schon an den Zusteigeorten freudige Begrüßungen, sahen die Nachkommen, die zum ersten Mal dabei waren in Ansfelden, was Bulkeser Gemeinschaftsgeist und Herzlichkeit bedeutet und wie schnell sie dabei integriert wurden. Wie schon bei den beiden anderen Heimatreisen und auch auf der Rückreise, ließ es sich unser 90-jähriger Bulkeser Karl Wahl, im nahen Haid beheimatet, nicht nehmen, uns zu begrüßen und für eine kurze Zeit bei uns zu weilen. In gemeinsamer Fahrt rollten unsere Busse unserem Hotel in Wien entgegen, Bus 1 kam auch rechtzeitig an, aber 200 Meter vor dem Hotel stoppte eine Bahnschranke Bus 2 und ließ uns eine halbe Stunde warten.  

 


Im Airo Tower Hotel erwarteten uns bereits unsere Bulkeser Landsleute, Heinrich Bauer, Nikolaus Petri und Hans Wolf. Wie geplant machten sie uns Vorschläge, wie und wo wir den Montagabend auf der Rückreise verbringen könnten. Am Ende entschieden wir uns zum Verbleib im Hotel, was sich dann am Montag auch als sehr gute Lösung herausstellte. Nach dem Abendessen und kurzem gemütlichen Beisammensein waren wir für unsere Betten reif.

 


Am Freitag, den 9. September, starteten wir pünktlich im Anschluss an das Frühstück, nachdem unsere Wiener Mitfahrer alle beizeiten eingetroffen waren. Als dann noch an der Raststätte Göttlesbrunn mit Anneliese und Alois Böckmann die letzten Teilnehmer eingestiegen waren, rollte es über die Grenze nach und in Ungarn recht zügig der serbischen Grenze entgegen. Die ungarische Landschaft ließ uns heimatliche Gedanken aufkommen, das Wetter war schön, die Stimmung war gut und wir erreichten nach zwei Rasten die serbische Grenze unter der geplanten Zeit. Leider hatten wir die Rechnung ohne die serbischen Grenzbehörden gemacht. Sie schafften es mit allen Mitteln tatsächlich, uns zwei Stunden aufzuhalten. Dieser Dämpfer konnte uns aber unsere gute Stimmung nur leicht ankratzen, denn die weiten Felder mit den heimatlichen Früchten ließen uns vollends in unserer alten Heimat ankommen. Durch eine schlechte Beschilderung verloren wir nochmals eine halbe Stunde und so trafen wir erst gegen 18.30 Uhr in unserem bekannten Hotel ein.

 

Reise und Eintreffen der Flugreisenden im Hotel Park in Neusatz

Nachdem Hartmut und Angelika Rehm bereits am Donnerstag ihren Flug gebucht hatten, verlief die Anreise aller anderen Flugreisenden am Freitag wie vorgesehen. Im Abstand von über zwei Stunden landeten die vier Flüge aus Köln, Frankfurt, Stuttgart/München und Bremen. Der Zubringer-Bus mit Fritz Werle sammelte alle ein und brachte sie unbeschadet und rechtzeitig nach Neusatz ins Hotel.

 

 

 

 

Das Fischessen am Freitagabend in Begec in der „Csarda kod Brase“

Wesentlich später als vorgesehen konnten die beiden Busse, nun voll besetzt wegen der Flugreisenden, die etwa 25 km Fahrt nach Begec antreten. Peter Werle, Enkelsohn von Fritz Werle, leitete mit seinem PKW unsere Busse auf teils schwieriger Strecke ans Ziel. Dort hatten Wilhelm und Jutta Bauderer mit der Familie von Fritz Werle beim Wirt alles Menschenmögliche für einen schönen Abend vorbereitet. Das Fischpaprikaschessen fand, für viele überraschend, im Freien statt, was sich aber als richtig herausstellte. Das Fischpaprikasch in kleinen Kesseln, mit Salat und Brot serviert, war die Reise nach Begec wert. Für einen Teil, die den Fisch in anderer Zubereitung bestellt hatten und für die, welche anderes Fleisch an Stelle von Fisch wollten, lief nicht alles nach Wunsch, aber auch hier war der Großteil zufrieden.
Bei gemütlichem Beisammensein und guter Stimmung wurden die von der Familie von Fritz Werle eingewechselten Dinar im Werte von 25 Euro pro Person ausgeteilt. So wurde es bei Dunkelheit allmählich Zeit zum Aufbruch. Auf dem Rückweg fuhr uns die Schwiegertochter von Fritz Werle voraus, so dass wir auf schnellstem Weg unser Hotel erreichten.

 

Samstag, 10. September

Nach dem Frühstück, das bei weitem nicht mehr die Qualität von vor drei Jahren erreichte, war der Fototermin für ein Gruppenfoto auf dem gut geeigneten Treppeneingang am Hotel angesagt. Dazu waren unsere Fotografen Claudia Wahl, Günther Greifenstein und Hermann Krämer gefragt. Sie brauchten keine besonderen Hinweise für freundliche Gesichter geben, offensichtlich waren alle gut ausgeschlafen, das Ergebnis ist auf den Bilderseiten zu sehen.

 

Die Gedenkstunde in Jarek

Kurz vor 9.30 Uhr machten wir uns auf den Weg nach Jarek. Mittlerweile kennen unsere Busfahrer die Strecke und das Ziel schon, schließlich war es ihre zweite bzw. dritte Fahrt. Das Ziel liegt nun 200 m weiter, zwischen der Müllhalde und dem serbischen Friedhof. Es ist die Stelle, wo unser Bundesvorsitzender Hans Supritz die Zusage für die Errichtung der Gedenkstätte von den Verantwortlichen von Jarek und Temerin hat. Nicht nur das. Er erreichte auch, dass für unsere Gedenkandacht ein Erdhügel aufgeschüttet und unser Kreuz in den Hügel gesteckt wurde.

Unter der Anwesenheit zahlreicher Gäste eröffnete unser Vizepräsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben, Josef Jerger, die Gedenkstunde. Dabei konnte er unter anderem die Bürgermeister von Jarek, Milan Mondic und von Temerin, Andras Guston, begrüßen.

Bei 35 Grad Celsius im Schatten mussten die Teilnehmer in der Sonne ausharren. Dazu kam, dass der ungarische Vertreter der Gemeinde Temerin darum bat, ein Grußwort sprechen zu dürfen und wir fast handgreiflich werden mussten, um ihn nach mehreren Aufforderungen nach einer halben Stunde zum Schweigen zu bringen.

 

Um nicht die Teilnehmer zu lange der Sonne auszusetzen, sahen wir uns gezwungen, die Ansprachen nicht zu übersetzen bzw. zu kürzen, einschließlich der geistlichen Andacht von Prediger Karl Weber.

Hier seien aber im Folgenden die vollen Wortlaute wiedergegeben:

 

Ansprache von Josef Jerger:

Sehr geehrte Vertreter der Gemeinde Temerin,

sehr geehrte Vertreter der Ortverwaltung von Backi Jarak,

liebe Landsleute,

 

eigentlich hofften wir heute, vor einer fertig gestellten Gedenkstätte der im Lager Backi Jarak unschuldig verstorbenen Landsleute gedenken zu können.

Leider, ich betone besonders leider, haben wir auch nach 6 Jahren das ersehnte Ziel, trotz der gemachten Versprechungen, nicht erreicht.

 

Unsere hier ganz in der Nähe in Massengräbern verscharrten Landsleute, Kinder, Frauen und alte Männer, hatten oft nach wenigen Wochen und Monaten einen schlimmen Tod durch die Folgen von Hunger und Unterernährung erlitten. Für sie war das Leiden und der Schmerz zu ende.

 

Für die Hinterbliebenen hat das seelische Leid bis heute kein Ende gefunden. Das seelische Leiden wird erst etwas abgemildert sein, wenn wir ein Gedenkkreuz errichtet haben.

 

Mit diesem Gedenkkreuz werden wir den unschuldigen Opfern ihre Würde wieder zurückgeben, sie werden nicht mehr anonym sein, sie werden wieder einen Namen haben und sie werden nicht nur von uns, sondern auch von den Bewohnern von Backi Jarak geachtet werden.

 

Ich erinnere mich an die vielen Gespräche mit Vertretern der Ortsverwaltung und auch mit Vertretern der Gemeinde Temerin. Einmal verlangte man von uns Geld zur Ausstattung einer Turnhalle. Als wir fragten ob dies eine Bitte oder eine Forderung sei, sagte man uns, dies sei eine Forderung. Darauf antworteten wir: „Mit unseren Toten machen wir keine Geldgeschäfte.“

 

Es wurde uns eine Parzelle zugesagt in dem Gelände, das heute eine Schutthalde ist. Wir hatten einen Geometer zum Vermessen des Geländes bezahlt, wir hatten Erde anfahren lassen, das Gelände wurde auf Kosten der Donauschwaben mit einer Raupe teilweise eingeebnet.

 

Als wir an der Stelle ein provisorisches Holzkreuz errichten konnten, hatten wir einen leichten Hoffnungsschimmer gesehen. Nun wurde wieder nichts daraus. Was aus dem Gelände wurde, sehen wir: Es wurde ein Schuttplatz mit einem kleinen See und in der Mitte auf dem kleinen Hügel das Holzkreuz, an dem wir die erste Gedenkveranstaltung abhalten durften.

 

Im Februar 2008 waren die Versprechungen so, dass wir berechtigte Hoffnung hatten, dass die Gedenkstätte errichtet werden kann. Wir hatten unsere Landsleute informiert, dass die Einweihung für den 20. September 2008 vorgesehen sei. Seither sind es drei Jahre und wir stehen noch immer vor einem Provisorium.

 

Die Kompetenzen zwischen der Gemeinde Temerin und der Ortverwaltung Backi Jarak wurden immer wieder hin und her geschoben. Die Verwaltung in Temerin meinte, auf dem Friedhof könnten wir eine Parzelle für das Kreuz bekommen. Die Vertreter der Ortsverwaltung waren damit nicht einverstanden:

Man wolle sich auf dem Friedhof mit den Deutschen nicht mischen, war einmal ein geäußertes Argument.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier auf schändliche Weise mit den Gefühlen der Hinterbliebenen und Überlebenden gespielt wird.

 

Dabei haben wir niemals die heutigen Bewohner von Backi Jarak dafür verantwortlich gemacht, was in den Jahren vom 2. Dezember1944 bis 17. April 1946 in diesem Ort geschah. Auf sie trifft keine Schuld.

Als die jetzigen Einwohner beziehungsweise deren Vorfahren nach B. Jarak kamen, war das Lager längst aufgelöst und wir hatten über 7000 Tote aus 38 Orten aus der Batschka zu beklagen. Davon sind 5046 namentlich erfasst.

Wie schon gesagt: Es waren unschuldige Kinder, Frauen und alte Männer.

 

Ich verneige mich vor unseren unschuldigen Zivilopfern, die hier ganz in der Nähe ruhen. Ich verneige mich aber auch vor den unschuldigen Opfern anderer Nationalitäten, die in diesem Lande im Zweiten Weltkrieg durch die deutschen Nationalsozialisten zu Tode kamen.

 

Mit diesem neuen provisorischen Holzkreuz sehen wir einen neuen Hoffnungsschimmer. Der neue Platz, näher an der Stelle der Massengräber, auf einem Platz, der zum erweiterten Friedhof gehören wird, macht Hoffnung, dass wir nun doch endlich ein der Toten würdiges Kreuz mit Inschrift errichten dürfen. So hoffen wir jedenfalls. Hoffnungsvoll stimmt uns auch, dass nun endlich auch die Sterbelisten aus dem Lager zugänglich sind.

 

Was wir wollen, hat nichts mit Vergeltung und Rache zu tun. Es ist der Wunsch, einer christlichen Pflicht nachzukommen und eine Stelle zu errichten, an der die Menschen innehalten und für die Seelen der im Lager Verstorbenen beten können. Schon ein im Vorbeigehen gemachtes Kreuzzeichen ist ein Gebet, das allen Christen zu Ehren gereicht. Egal welcher Glaubensrichtung und welcher Nationalität wir angehören.

 

Es gibt einen Spruch der Lautet: „Gottes Mühlen mahlen langsam, aber gerecht.“ So wollen wir hoffen, dass die letzte Information, dass in einer Sitzung des Gemeinderates von Temerin Ende September das endgültige JA fallen soll. Es ist einer neuer Lichtblick am Horizont eines verhangenen Himmels. Wir wollen die Hoffnung nicht verlieren und fest daran glauben, dass endlich alles gut wird.

 

Wir Donauschwaben haben einen Spruch, der lautet:

„Nicht zur Vergeltung sind wir entronnen, nicht zu vergessen ist unsere Pflicht“.

Ich füge noch hinzu: Nicht Rache, Vergebung ist des Christen Pflicht.

Schließen möchte ich mit Worten des Dichters Nikolaus Lenau:


Und wenn die Nähe verklungen,

Dann kommen an die Reih’

Die leisen Erinnerungen

Und weinen fern vorbei.

 

Dass alles vorübersterbe,

Ist alt und altbekannt;

Doch diese Wehmut, die herbe,

Hat niemand noch gebannt

 

(Es gilt das gesprochene Wort)

 

 

 

Karl Weber, Fußgönheim,

Ansprache zur Gedenkfeier in Jarek am 10. September 2011

 

Sehr geehrte Vertreter der Gemeinde Backi/Jarak,

sehr geehrte Vertreter der Verbandsgemeinde Temerin,

sehr geehrter Vizepräsident des Donauschwäbischen Weltdachverbandes, lieber Josef Jerger,

sehr geehrter Vizepräsident des Bundesverbandes der Donauschwaben, lieber Otto Harfmann,

verehrte Gäste, liebe Bulkeser Landsleute,

 

ich begrüße Sie ganz herzlich zu dieser Gedenkstunde zu Ehren der über 7000 Donauschwäbischen Frauen, Männer und Kinder, die in der Zeit von Dezember 1944 bis April 1946, also innerhalb von 17 Monaten, in Backi Jarak elend verhungerten und hier ganz in der Nähe in Massengräbern verscharrt wurden, ohne christlichen Beistand und Gedenksymbole.

 

Wie Sie ersehen können, findet diese Veranstaltung der Heimatgemeinschaft Bulkes - diesmal zusammen mit dem Weltdachverband der Donauschwaben - nun zum dritten Mal an einem schlichten Holzkreuz statt, weil es bisher, nach nun bereits über 65 Jahren, den Donauschwaben nicht gestattet wurde, eine würdige Gedenkstätte für ihre Angehörigen zu errichten.

 

Wir, die Angehörigen der Toten aus dem Ort Bulkes, heute Maglic, haben mit 654 Zivilpersonen, darunter 172 Bulkeser Kinder, die größte Zahl eines Ortes der hier Umgekommenen, zu beklagen.

 

Wir sind trotzdem allen dankbar, die dazu beigetragen haben, dass wir diese Gedenkandacht heute abhalten dürfen.

 

Die hier in einem Halbkreis stehenden 20 seinerzeitigen Bulkeser Kinder sind unserem Herrgott sehr dankbar, dass sie dieses Martyrium überleben durften. Von diesen und Kindern aus anderen Ortschaften, die seinerzeit hier eingekerkert waren, hätten viele nicht überlebt, wenn sie beim Betteln, das nur unter großer Lebensgefahr möglich war, von den damaligen Bürgern aus Temerin trotz großen Risikos nicht immer wieder mit Lebensmitteln beschenkt worden wären. 

 

Als äußeres Zeichen unseres Dankes hatten wir von der Heimatgemeinschaft Bulkes bereits 1992 für die Kinder aus Temerin 1000 DM gespendet, ebenso spendeten wir im Jahre 2006 aus Anlass der ersten Gedenkstunde den Kindergärten von Backi Jarak und Temerin einen entsprechenden Geldbetrag.

 

Wir, die letzten Überlebenden der Heimatgemeinschaft Bulkes, hatten über Jahre, noch bis vor einigen Monaten, gehofft, dabei sein zu können, wenn hier eine Gedenkstätte für unsere Lieben eingeweiht wird. Unsere Hoffnung hat sich bis zur Stunde leider noch nicht erfüllt.

So werden wir von der Erlebnisgeneration heute von unseren Lieben fast alle Abschied nehmen. Sie werden in unseren Herzen weiter leben.

 

Wir sind aber gewiss, dass unser Herrgott ihre Seelen in seinem Reich aufgenommen hat und dabei an ihnen vieles gut machen wird, was Menschen an ihnen verbrochen haben.

 

Ich danke Ihnen.

 

 

Vor der Totenehrung trug Otto Harfmann das Gedicht vor:

 

Wo ist das Grab …?

nach Jakob Wolf

 

Es braucht kein Tag der Andacht sein:

Ich wüsste es auch von allein,

dass ich zum Grab der Mutter ginge,

ihr einen Kranz ans Holzkreuz hinge,

doch frag ich erst: Wo ist das Grab,

in das man sie zur Ruhe gab?

 

Kein Mensch der mir zu Rate geht,

kein Mensch, der Red und Antwort steht,

kein Mensch will etwas davon wissen,

wie ihr das wunde Herz zerrissen.

Und weiter ich die Frage hab:

Wo ist das Grab, wo ist das Grab?

 

Ob sie auf Wiedersehn geharrt?

Ob sie im Massengrab verscharrt?

Vielleicht hat man sie gar vergessen,

dass sie von Raben aufgefressen?

Ob sie als Tote Ruhe fand,

in diesem ihren Heimatland?

 

Wo immer sie auch liegen mag:

Ich hör sie rufen Tag für Tag,

ich kann mich für mein ganzes Leben,

wohl nimmermehr zufrieden geben,

es welkt der Strauß in meiner Hand,

weil ich der Mutter Grab nicht fand.

 

Die Ehrung unserer Bulkeser und donauschwäbischen Umgekommenen in Jarek,

mit der Niederlegung der Kränze, erfolgte unter den Klängen „Ich hatt‘ einen Kameraden ….“

Sie wurde von unseren anwesenden 19 Bulkeser Kindern, die Jarek überlebten, zusammen mit Josef Jerger, dem Vizepräsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben, vorgenommen.

Den Kranz für den Weltdachverband legten Josef Jerger und Friedrich Glas nieder. Er trug die Aufschrift:

 

In ehrendem Gedenken

Weltdachverband der Donauschwaben


Der Kranz für die Bulkeser wurde von Katharina Zink, geb. Wahl, und Friedrich Werle niedergelegt. Er trug die Aufschrift:

 

In Ehrfurcht und stillem Gedenken

die überlebenden Bulkeser

 

Die Kranzniederlegung wurde von den anderen 16 überlebenden Kindern, die mit Rosen in der Hand den Kranzträgern vorausgingen und am Hügel Spalier standen, umrahmt. Zum Abschluss steckten sie die Rosen in den Erdhügel.

Die Namen der anwesenden überlebenden Kinder: Wilhelm Bauderer, Elisabeth Drach, geb. Heintz, Christine Drachos, geb. Wahl, Karl Elicker, Hedi Fernbach, geb. Haug, Friedrich Glas, Frederika Herkommer, geb. Mahler, Julianne Jung, Margarethe Klemens, geb. Kendel, Maria Krämer, geb. Jung, Maria Krämer, geb. Csakvary, Maria Münch, geb. Elicker, Reinhard Röder, Margarethe Schäfer, geb. Hoffmann, Katharina Weber, geb. Lauterer, Karl Weber, Friedrich Werle, Katharina Zink, geb. Wahl, und Herta Zipf, geb. Stefan.

 

Anschließend begann die geistliche Ansprache von Prediger i. R. Karl Weber, Karlsruhe, mit dem Lied:

Harre, meine Seele, harre des Herrn; 

alles ihm befehle, hilft er doch so gern.

Sei unverzagt, bald der Morgen tagt,

und ein neuer Frühling folgt dem Winter nach.

In allen Stürmen, in aller Not,

wird er dich beschirmen, der treue Gott.

 

Harre, meine Seele, harre des Herrn;

alles ihm befehle, hilft er doch so gern.

Wenn alles bricht, Gott verlässt uns nicht.

Größer als der Helfer ist die Not ja nicht.

Ewige Treue, Retter in Not,

rett auch unsere Seele, du treuer Gott!

 

Für eine musikalische Begleitung der Lieder hatte Otto Harfmann gesorgt, indem er einen Rekorder mit Batterien mitbrachte.

 

Hiob klagt über sein schweres Leiden, das ihn getroffen hat:

 

Mein Geist ist zerbrochen, meine Tage sind ausgelöscht; das Grab ist da.

Mein Auge ist dunkel geworden vor Trauern, und alle meine Glieder sind wie ein Schatten.

Meine Tage sind vergangen; zerrissen sind meine Pläne, die mein Herz besessen haben.

Worauf soll ich denn hoffen? Und wer sieht noch Hoffnung für mich?

Sei du selbst mein Bürge bei dir – wer will mich sonst vertreten?

(Hiob 17, 1.7.11.15.3)

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute und Angehörige!

 

Wir sind nach unseren zwei Heimatreisen im September 2006 und 2008 zum dritten Mal hierher gekommen, um unseren hier umgekommenen Angehörigen und den tausenden toten donauschwäbischen Landsleuten ehrend zu gedenken. Wir haben seit Jahren gehofft, hier – wie schon in Mitrowic und vor fünf Jahren in Gakova – eine würdige Gedenkstätte einweihen zu können. Das ist trotz vielen Bemühens auch nach 66 Jahren nicht gelungen. Zutiefst bedauern wir das und können nicht verhehlen, dass das für uns sehr schmerzlich ist. Wir sind trotzdem dankbar, dass wir wenigstens hierher kommen durften, um an dieser Stätte als Vertreter unserer Ortsgemeinschaft Bulkes eine Gedenk- und wohl für die meisten von uns auch eine Abschiedsfeier zu halten.

Vor drei Jahren sagte ich als ein Überlebender und Zeitzeuge folgende Worte, wie unsere Angehörigen und Landsleute hier im Lager gelitten haben und gestorben sind. Nachdem wir von der Erlebnisgeneration immer weniger werden, will ich das für alle, die es nicht erlebt haben, wiederholen:

 

„Ich sehe noch heute den Schimmel, der den Leiterwagen mit den Toten zog. Ich sehe die beiden Männer, die mit der Tragbahre ins Haus kamen, um die Verstorbenen abzuholen. Sie trugen die Leichen bis an die Seite des Leiterwagens und kippten sie dann mit einem Ruck auf die anderen Toten, gleichgültig, ohne Rücksicht auf Würde und Pietät. Ich höre auch noch das tägliche und vor allem nächtliche Gejammer und Wehklagen der Kranken und Sterbenden in den überfüllten Zimmern.

Es war kein Sterben, dieser Ausdruck ist viel zu schön und human. In Jarek war es ein elendes Verenden, und ich erinnere mich, dass mir die Beerdigungen daheim in unserem Dorf, die ich bewusst erlebt hatte, immer wieder in den Sinn kamen. Wie waren die so feierlich und rührend gewesen! Das ganze Dorf hatte immer Anteil genommen. Hier in Jarek kümmerte sich mit zunehmender Dauer kaum noch jemand um die Sterbenden. Die Menschen, Kinder wie Erwachsene, verendeten wie Tiere, oft allein, ohne liebevolle Pflege und Hilfe. Sie starben in Schmerzen und Qualen, in Kummer und Heimweh, ohne Trost und geistlichen Beistand. Damals beneidete ich als 10/11 Jähriger die Toten, die noch daheim hatten sterben können.“

 

Bewusst oder unbewusst haben die meisten der Sterbenden ähnlich wie Hiob geklagt, bis schließlich der Tod sie verstummen ließ. Da wir damals nicht auf den Friedhof bzw. an die Massengräber mit durften, möchte ich zwei Augenzeugen zu Wort kommen lassen, die die Frage beantworten:

 

Wie sah es mit der Bestattung der Toten im Vernichtungslager aus?

 

Dazu Georg Haug: „Als ich im Januar 1945 nach Jarek zurück kam, waren die meisten Grüfte von den Totengräbern schon geöffnet und mit fremden Leichen vollgestopft worden. Für die Totengräber, auch Deutsche aus dem Lager, die zu dieser Arbeit bestimmt worden waren, war dies die einfachste Bestattungsmöglichkeit. Die Toten wurden ohne Sarg einfach in die Grüfte hineingestoßen. Dies klingt für einen, der es nicht gesehen hat, unglaublich, wenn man aber weiß, dass jeden Mittag nach 12 Uhr auf einem Totenwagen acht, zehn und sogar zwölf und mehr Tote wie Garben oder Büschel von Maislaub hinausgefahren wurden, dann kann man es verstehen.

 

Nachdem alle Grüfte voll waren, wurden die Leute einfach zwischen den Gräbern verscharrt. Als aber täglich 30, 40, 50 und mehr Leute starben, wurden sie in Massengräbern beerdigt. In einer zwei Meter tiefen und zwei Meter breiten Grube wurden drei bis vier Tote nebeneinander gelegt und die anderen darüber aufgeschichtet. War die Grube voll, dann wurde daneben drei Meter tief ausgegraben, und diese Erde bedeckte die Toten. Meines Wissens entstanden auf diese Weise sechs oder sieben Massengräber mit einer Länge von 60 bis 70 Metern, die vom Totenhaus her unter der letzten Gruftreihe beginnend in Richtung auf die Häuser verliefen.“

 

Jakob Pleeß, selbst zeitweilig Totengräber, verweist auf weitere pietätlose Praktiken, die von der Lagerleitung befohlen wurden: „Im Mai 1945 brach im Lager Typhus aus. Täglich sind in dieser Zeit 40 bis 45, einmal sogar 53 Personen gestorben. Sie wurden in Massengräbern auf dem Friedhof ohne Beisein der Angehörigen und ohne Priester eingescharrt. Ich war damals vier Monate hindurch Totengräber. In einem Massengrab, zwei Meter breit und zwei Meter tief, hatten wir 500 bis 700 Tote in vier bis fünf Schichten aufeinander gelegt. Den Friedhof durften nur die Totengräber betreten. Es gab insgesamt 16 Totengräber. 12 Männer, darunter auch ich, haben morgens die Gräber ausgehoben und abends zugedeckt. Vier Totengräber führten die Toten aus dem Lager auf den Friedhof, entkleideten sie und schichteten sie in die ausgehobenen Gräber. Die Toten wurden auf Befehl nackt beerdigt! Die Kleider mussten von den Totengräbern in einem Magazin abgegeben werden.“  (Aus Bd. III des Leidensweges der Donauschwaben, Seiten 804 und 805.)

 

Die jetzige Situation, wie wir sie heute vorfinden, gibt uns einen traurigen Eindruck über die damalige Zeit, als man unsere verstorbenen Angehörigen und Landsleute hierher karrte und verscharrte.

 

Bei allem Bedrückenden jener Zeit, auch angesichts der für uns sehr beschwerenden Tatsache, dass es wieder nicht gelungen ist, heute eine würdige Gedenkstätte für die hier ruhenden Toten einzuweihen, wollen wir als Christen nicht vergessen, dass Gott einmal recht richten und alles Unrecht dieser Welt ans Licht bringen wird. Wir haben eine Hoffnung auf eine neue, bessere Welt, so wie es der Apostel Johannes in Offenbarung Kap. 21, Verse 3-5 schreibt:

 

„Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. Und der auf dem Thron saß, sprach: Siehe, ich mache alles neu! Und er spricht: Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss!“

 

Amen


Herr, unser Gott, lieber himmlischer Vater!

 

Wir befinden uns heute wieder hier an dem Ort, wo wir vor 66 Jahren zusammen mit vielen Angehörigen und Landsleuten großes Leid erlitten haben. Viele unserer Lieben sind hier elend umgekommen und anschließend in Massengräbern verscharrt worden.

Wir konnten sie nicht würdig bestatten und wissen nicht, wo die Einzelnen begraben liegen.

 

Es schmerzt uns heute besonders, dass wir wieder keine würdige Stätte zu ihrem Gedenken einweihen können. Stellvertretend gedenken wir aller unserer toten Landsleute, die während des 2. Weltkrieges und danach umgekommen sind.

 

Wir bitten dich um die Kraft, dass nicht Hass und Gewalt, sondern Versöhnung und Friede die Oberhand gewinnen. Wir bitten dich um Kraft zu vergeben, auch wenn wir nicht vergessen können. Hilf uns, dass wir uns nicht abfinden mit dem Bösen und die Welt denen überlassen, die sie mit Hass und Lüge überziehen. Gib uns die Kraft, für Recht und Barmherzigkeit einzutreten.

 

Wir hoffen auf dich, dass du nach deinem Wort dereinst die Toten aus ihren Gräbern auferwecken wirst, nach der Kraft, mit der du alles dir untertänig machen wirst. Dies bitten wir in der Hoffnung auf das Kommen deines Reiches, durch Jesus Christus, unseren Erlöser.  Amen.

 

Anschließend folgte die geistliche Ansprache von Pfarrer Dieter Tunkel.

 

 

Den Abschluss der Gedenkandacht bildete das Lied:

 

So nimm denn meine Hände und führe mich

bis an mein selig Ende und ewiglich.

Ich mag allein nicht gehen, nicht einen Schritt:

wo du wirst gehen und stehen, da nimm mich mit.

 

In dein Erbarmen hülle mein schwaches Herz

und mach es gänzlich stille in Freud und Schmerz.

Lass ruhn zu deinen Füßen dein armes Kind:

es will die Augen schließen und glauben blind

 

Wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht,

du führst mich doch zum Ziele auch durch die Nacht:

so nimm denn meine Hände und führe mich

bis an mein selig Ende und ewiglich.

 

Der Empfang beim Bürgermeister in Jarek

Von der großen Hitze körperlich angegriffen, aber seelisch nachdenklich und erleichtert, suchten wir den Schatten in den Bussen zur Abfahrt. Da kam ein Anruf von Josef Jerger, der sich im Rathaus vom Bürgermeister verabschieden wollte, wir sollten am Rathaus alle aussteigen, zum Empfang beim Bürgermeister. Das passte zeitlich gar nicht in unseren Rahmen, aber es wäre unhöflich gewesen, der Einladung nicht zu folgen. Das Staunen war groß, als uns der Bürgermeister zum Empfang auch noch persönlich mit Getränken bediente und versorgte.

Wenn man weiß, was Hans Supritz und Josef Jerger in Jarek jahrelang an Absagen zur Errichtung einer Gedenkstätte erlebten, war diese Geste sehr wohltuend und lässt hoffen, dass nun in Jarek wirklich ein Umdenken erfolgt ist. Es war das erste Mal, dass eine donauschwäbische Gruppe, und das gleich 100 Personen, im Jareker Rathaus auf diese freundliche Art empfangen wurde. Vielleicht ein Licht am Ende des Tunnels.

 

Mit Verspätung nach Bulkes

Allerdings wurden wir in unserem Zeitplan weit nach hinten gedrängt, zumal wir auch noch in Neusatz in einen großen Stau kamen. Wir hatten für 13.00 Uhr in Bulkes im ehemaligen Pfarrhaus 60 Personen zu einem kleinen Imbiss angemeldet. Nun wurde es 15.00 Uhr bis wir in Bulkes eintrafen. Dabei kam es wohl zu Missverständnissen zwischen dem Wirt und den Bulkeser Gästen. Ich selbst war ab 15.00 Uhr mit Josef Jerger, Wilhelm Bauderer und Otto Harfmann bei einer Sitzung mit der Gemeindeverwaltung Maglic im Rathaus. Fest steht, dass unsere 60 Bulkeser nur Getränke bekamen. Anderseits waren wir um 18.00 in Petrovac im Gasthaus Aroma angemeldet, insofern schmeckte das hervorragende Essen dort noch besser.

 

Sitzung der Vertreter der Gemeinde Maglic und des Bulkeser Heimatausschusses

am Samstag, dem 10. September, um 15.00 Uhr im Rathaus in Maglic.

Themen:
-  Endabstimmung aller noch offenen Fragen für den Tagesablauf am Sonntag den 11. September 2011,

-  Erhaltung der Bulkeser Kirche als Bauwerk,

-  Kopien der standesamtlichen Bulkeser Unterlagen von 1895 bis 1945.


Anwesende:

Maglic: Bürgermeister Rajko Peric, Radomir Zotovic, Mile Nisic, Vinca Marjanovic.

Bulkes: Karl Weber, Wilhelm Bauderer, Otto Harfmann und Josef Jerger als Gast.


Die Sitzung fand in einer sehr freundschaftlichen Atmosphäre statt.


Letzte Absprachen zur Einweihungsfeier

Beide Seiten waren sehr an einem reibungslosen und würdigen Ablauf der Einweihungsfeier interessiert. Zu diesem Zeitpunkt war es noch nicht ganz klar, wer von den eingeladenen Gästen kommen würde. Es ging um die Reihenfolge der Begrüßung durch Bürgermeister Peric sowie um die Festlegung, Reihenfolge und Übersetzung der einzelnen Vorträge. Auf Grund der zu erwartenden Hitze und der schlechten Erfahrung in Jarek ging es darum, die Veranstaltung so kurz wie möglich zu gestalten. Dazu gehörte, dass alle Ansprachen noch einmal auf Kürzungen geprüft werden sollten und einen Teil der Ansprachen nicht zu übersetzen.
Schließlich ging es u. a. um die spätere Pflege der Gedenksteine und des Geländes, um einen Kurzbesuch der neu eingerichteten orthodoxen Kirche und das Mittagessen am Sonntag.

 

Die Zukunft unserer Kirche wurde eingehend erörtert. Wir waren uns einig, dass weder die Maglicer noch wir Bulkeser in der Lage sind, finanziell etwas beizusteuern, sondern dass die Erhaltung des Bauwerks nur mit Staats- bzw. Kirchengeldern gesichert werden kann. Dazu hatten die Maglicer Vertreter hochinteressante Vorschläge zu machen, die nicht unmöglich erscheinen.

Herr Zotovic legte dar, dass Maglic in der Kirche mit staatlicher Hilfe gern ein Zentralmuseum für die Donauschwaben in der Vojvodina unterbringen würde. Dabei könnten auch andere kulturelle Zwecke verwirklicht werden. Am Sonntag wurde darüber am Mittagstisch mit Frau Marschall (Kulturattaché der Deutschen Botschaft in Belgrad) gesprochen. Sie zeigte sich jedoch nicht allzu optimistisch. Ich denke, wir sollten die Maglicer Ziele und Bemühungen auch in unserem Interesse unterstützen. Reale Chancen dazu sehe ich, wenn unser Kirchenvermögen der Evangelischen Kirche zurückgegeben werden sollte. Wir vom Heimatausschuss wären uns mit der Evangelischen Kirche dahingehend einig, das Geld als erstes für das Kirchengebäude einzusetzen, um dessen weiteren Verfall zunächst zu verhindern.

Dazu gehört eine Umdeckung und Abdichtung des Daches, Einsetzung neuer Fenster und Abisolierung der Fundamente. Natürlich gehört auch dazu, alles aus der Kirche zu entfernen, was nach unserer Zeit hineingekommen ist. Ich denke, erst dann könnte man staatlichen Stellen Investitionen schmackhaft machen.

 

Unsere standesamtlichen Unterlagen von 1895 bis 1945 in Bulkes 

Bekanntlich streben wir schon seit über 10 Jahren Kopien unserer Bücher an. Ebenso lange wurde eine Übergabe von Kopien oder Fotografien von Maglicer Seite nicht gestattet, obwohl gesetzliche Hindernisse – zumindest aus unserer Sicht – nicht erkennbar sind. Von Maglicer Seite wurde betont, dass sie sich nach Vorgaben der vorgesetzten Behörden richten müssen und von dort gäbe es bis heute keine Genehmigung.

Herr Zotovic machte jedoch klar, dass die Maglicer Verwaltung bemüht ist, unserem Bestreben Rechnung zu tragen. Er zeigte sich optimistisch, dass noch in diesem Jahr, spätestens aber im Frühjahr 2012, dem Heimatausschuss mit staatlicher Zustimmung ermöglicht wird, Kopien der standesamtlichen Unterlagen aus der Bulkeser Zeit zu erhalten.

Nach den bisherigen Erfahrungen mit der Maglicer Seite glaube ich tatsächlich, dass sich diese Hoffnungen endlich erfüllen werden, denn es würde für beide Seiten nur Vorteile bringen.

Zum Ende der Sitzung gegen 17.45 Uhr ließen unsere Gastgeber es sich nicht nehmen, uns zum Abschluss noch auf den Friedhof zu fahren, um uns voller Stolz das Gedenksymbol zu präsentieren.

Die Maglicer Vertreter stellten dabei klar, dass sie sich um unsere Gedenkstätten, die jetzt auf dem alten deutschen Friedhof stehen, stets kümmern wollen. Sie wollen die erforderliche Pflege künftig als ihre eigene Angelegenheit betrachten. Nicht genug damit, zum Abschluss machten Bürgermeister Rajko Peric und sein Vize, Radomir Zotovic, noch eine Dorfrundfahrt mit uns und weil unser Bus schon weg war, fuhren sie uns auch noch nach Petrovac.

 

Das Abendessen am Samstag im Restaurant „Aroma“ in Petrovac

Wir waren für 18.00 Uhr angemeldet und bis 18.30 Uhr wohl alle eingetroffen. Dank der guten Vorabsprachen mit dem Wirt durch Wilhelm Bauderer und Friedrich Werle wurde es der gemütlichste Abend, mit bestem Essen, Suppe, verschiedene und reichhaltige Hauptspeisen mit Zuspeisen und Salaten, und wohlschmeckenden Nachspeisen. Dieser Abend dürfte wohl allen in guter Erinnerung bleiben.

 

Ein Dank an Fritz Werle

An diesem Abend war es die beste Gelegenheit, Fritz Werle zu ehren und ihm einen kleinen Dank zu erweisen. Bekanntlich ist Fritz schon seit Jahrzehnten Anlaufstelle und Verbindungsperson zum heutigen Maglic und Besucherführer unzähliger Bulkeser in unserem Heimatdorf. Dabei ist es wohltuend, Fritz mit seinen menschlichen Qualitäten zu erleben, aber auch seine Freude, wenn er es mit Bulkesern zu tun hat. Gerade in den Wochen vor unserer Heimatreise stand Fritz im Mittelpunkt vieler Vorbereitungen. Wir überraschten ihn mit zwei Bildern in der Größe von 80 x 60 cm mit Fotos und Texten, sowie einem Nachruf über Bulkes, einmal in deutscher und einmal in serbischer Sprache.

 

Der Tag in Bulkes, im heutigen Maglic,

vielleicht der wichtigste Tag in der Geschichte unserer Heimatgemeinschaft seit über 60 Jahren, durch die Einweihung des Gedenksymbols

 

Wieder waren alle rechtzeitig beim Frühstück und anschließend pünktlich in den vollbesetzten Bussen und wir machten uns um 9.15 Uhr auf den schon gewohnten Weg über Rumenka und Petrovac nach Bulkes. In Petrovac, wo der erste Bus durchgefahren war, wartete Fritz Werle vor dem Blumengeschäft, um unsere vier Kränze und das Bukett für den Weltdachverband zu übergeben. Gleich nach Petrovac grüßte uns schon unsere Bulkeser Kirchspitze von weitem. Nach dem Einbiegen an der Bulkeser Csarda liegt rechts der seit 1965 bestehende ansehnliche serbische Friedhof. Danach – wo unsere Hanffabrik stand – sind einige Stallungen, dann lag schon Sanders Mühle rechts vor uns. Von hier an fuhren ganz langsam und sahen noch vertraute, aber auch neue Häuser. Als wir die „Letzte Gasse“ überquerten, begrüßte uns ein großes Transparent mit der Aufschrift „Bulkeser Herzlich Willkommen“.

Als wir an der Kirche ankamen, standen die Insassen des ersten Busses bereits vor der noch geschlossenen kleinen serbischen Kirche auf dem ehemaligen Eisemanns Hof. Währenddessen kam auch der Pope und freute sich über unser Interesse, noch mehr, als wir ihm einen Geldschein in die Hand drückten.

 

Unsere Kirche im Innern, ein trostloser Anblick – wie seit Jahren

Danach betraten wir unsere geöffnete Kirche, zunächst den bis vor kurzem von den Orthodoxen noch benutzten und noch ansehnlichen Vorraum. Aber als wir in den großen Innenraum kamen, verschlug es vor allem unseren Nachkommen und unserem Ehrengast Josef Jerger die Sprache, weil sie den jämmerlichen Anblick zum ersten Mal vor Augen hatten. Trotzdem – oder gerade deswegen – wurden viele Fotos und Filmaufnahmen gemacht. 

Mit der Zeit sammelte Prediger Karl Weber seine Schäfchen im Vorraum zur Andacht ein. Dazu hatte uns Milan Pilipovic extra Bänke herbeigefahren und nach der Andacht wieder auf den Friedhof befördert. Unser Prediger musste mehrmals um Geduld bitten und „fast“ niemand wusste warum, bis die 9 deutschen Branauer Musikanten aus Ungarn in donauschwäbischer Tracht zur Türe hereinkamen. Ich hatte sie schon vor Wochen engagiert, aber wir wussten bis zur letzten Minute nicht, ob sie mit ihren Musikinstrumenten über die serbische Grenze durften. Das war auch der Grund, warum ich sie vorher nicht ankündigen konnte.

Die Andacht in unserer ehemaligen Bulkeser Heimatkirche mit musikalischer Umrahmung - zum erstenmal nach 66 Jahren

gestaltet von Prediger i.R. Karl Weber, Karlsruhe

 

Mit der Eingangsmelodie der Blasmusik begann eine denkwürdige Andacht an historischer Stätte.

 

Psalmgebet: Aus Psalm 84

Wohl denen, die in deinem Hause wohnen

Wie lieb sind mir deine Wohnungen, Herr Zebaoth!

meine Seele verlangt und sehnt sich nach den Vorhöfen des Herrn;

            Mein Leib und Seele freuen sich in dem lebendigen Gott.

Der Vogel hat ein Haus gefunden und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen -

            Deine Ältäre, Herr Zebaoth, mein König und mein Gott.

Wohl denen, die in deinem Hause wohnen; die loben dich immerdar.

            Wohl den Menschen, die dich für ihre Stärke halten

            und von Herzen dir nachwandeln!

Wenn sie durchs dürre Tal ziehen, wird es ihnen zum Quellgrund,

und Frühregen hüllt es in Segen.

Sie gehen von einer Kraft zur andern

und schauen den wahren Gott in Zion.

Herr, Gott Zebaoth, höre mein Gebet; vernimm es, Gott Jakobs!

            Gott, unser Schild, schaue doch; sieh doch an das Antlitz deines Gesalbten!

Denn ein Tag in deinen Vorhöfen ist besser als sonst tausend.

            Ich will lieber die Tür hüten in meines Gottes Hause

            als wohnen in der Gottlosen Hütten.

Denn Gott der Herr ist Sonne und Schild; der Herr gibt Gnade und Ehre.

Er wird kein Gutes mangeln lassen den Frommen.

            Herr Zebaoth, wohl dem Menschen, der sich auf dich verlässt!

 

Unter den ergreifenden Klängen der Blasmusik, die in langsamer Weise das Schlusslied begleitete, endete die Andacht - bei vielen tränenüberströmt und mit wehmutsvollen Herzen.

 

Ich bete an die Macht der Liebe,                                           O Jesu, dass dein Name bliebe,

die sich in Jesus offenbart;                                                    im Herzen tief gedrücket ein;

ich geb’ mich hin dem freien Triebe,                                     Möcht’ deine süße Jesusliebe,

wodurch auch ich geliebet ward;                                          in Herz und Sinn gepräget sein;

ich will anstatt an mich zu denken,                                       In Wort und Werk, in allen Wesen,

ins Meer der Liebe mich versenken.                                      sei Jesus und sonst nichts zu lesen.

 

Die Einweihung des Gedenksymbols

 

Auf dem Friedhof

 

Danach machte sich ein großer Teil zu Fuß auf den Friedhof, andere mit Gehschwierigkeiten freuten sich, mit den Bussen fahren zu können, um pünktlich um 11.00 Uhr auf dem Friedhof zu sein.

 

Das Wetter meinte es zu gut, denn später wurden bis zu 38 Grad Celsius gemessen. Aber unsere freundlichen Gastgeber hatten vorgesorgt. Da standen sieben riesige quadratische Schirme, jeweils etwa 5 auf 5 Meter, in U-Form aufgebaut, so dass niemand in der prallen Sonne aushalten musste. Dazu hatten sie noch für genügend Sitzbänke gesorgt. Natürlich durfte auch die Lautsprecheranlage nicht fehlen, so dass alle äußeren Vorkehrungen für einen guten Ablauf der Veranstaltung getroffen waren.

 

Die Veranstaltung

wurde kurz nach 11.00 Uhr durch die Blaskapelle mit der Musikeinlage „Über den Sternen“ eröffnet.

 

Begrüßung und Ansprache von Bürgermeister Dr. Rajko Perić

– Übersetzung Wilhelm Bauderer, Ehrenkirchen –

 

Sehr geehrte Damen und Herren, verehrte Freunde und Gäste,

 

gestatten Sie mir, im Namen der Ortsgemeinschaft Maglić und der Bürger von Maglić zuerst unsere lieben Gäste, die Bulkeser, die Gründer und Bewohner des ehemaligen Bulkes und ihre Nachkommen zu begrüßen.

 

Bulkeser, seid in Maglić herzlich willkommen!

 

Besonders begrüße ich:

 

-          Dusanka MANIC, Vertreterin des Parlaments der Vojvodina

-          Laszlo MANDLER, Vorsitzender des Rates der dt. Minderheit in Serbien,

-          Vladimir TURAN, Vorsitzender der Gesamtgemeinde Bački Petrovac,

-          Josef JERGER, Vizepräsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben,

-          Karin MARSCHALL, Vertreterin der Deutschen Botschaft in Belgrad,

-          Karl WEBER, Vorsitzender der HOG Bulkes,

-          Otto HARFMANN, als Beauftragter der Oberbürgermeisterin von Kirchheim unter Teck und Stellvertreter des Vorsitzenden der HOG Bulkes,

-          Anton BECK, Vizepräsident der deutschen Minderheit aus Sombor,

-          Jakob PFEIFFER, deutscher katholischer Pfarrer aus Hodschag.

 

Wir kommen hier heute zum dritten Mal seit den letzten fünf Jahren zusammen, wir können sagen, das ist nicht zufällig und es geschieht nicht ohne Grund.

 

An der Stelle, wo die ehemaligen Bulkeser bestattet sind, und wo viele keine Grabstätte fanden, die naturgemäß hier ruhen sollten, errichten wir heute ein Denkmal mit ihren Namen und bringen sie hierher zurück, wohin sie gehören. Damit realisieren wir, die Vertreter der Ortsgemeinschaft Maglić, und Ihr, die hier versammelten Bulkeser, das, worüber wir uns verständigt haben.

 

Zunächst haben wir gemeinsam ein Andenken an die Gründer des Dorfes geschaffen. Heute folgt ein Denkmal für die, die ihrer Heimat entrissen und von ihren Nächsten getrennt wurden. Wir realisieren damit gemeinsame Gedanken, die Menschen in guter Absicht verfolgen. Menschen, die sich für die eigene und die Geschichte der anderen interessieren. Wir wollen über das Schicksal der Gründer des Dorfes mehr erfahren und wir wollen Sie und Ihre Nachkommen mit unserer Geschichte und mit unseren Vorfahren bekannt machen.

 

Die Geschichte ist eine Lehre fürs Leben. Wir müssen aus ihr lernen und wir dürfen nichts vergessen. Die Erinnerungen und Erfahrungen sind wichtig für uns und unsere Nachkommen, damit sich die dunklen Seiten der Geschichte nicht und nirgends wiederholen, damit menschliches Leid vermieden wird.

 

In Maglić wurden unauslöschliche Spuren Ihrer Landsleute, Großmütter, Großväter, Väter, Mütter, Brüder und Schwestern hinterlassen. Es sind Spuren, die Sie selbst und Ihre Nachfahren heute suchen, über die Sie erzählen, weil es für Sie der schönste Ort auf der ganzen Welt war. Wenn auch jeden Tag von den Zeugnissen der Vergangenheit etwas verloren geht, verbleibt noch Vieles, Gebäude, Fotos, Namen, einfach Erinnerungen, was es zu bewahren gilt.

 

Ihr seid in Maglić stets willkommen!

 

Unsere Begegnungen und Verständigung mögen nach allem dem, was uns widerfahren ist, dazu beitragen, einen dauerhaften Frieden, Freundschaft, und gegenseitige Achtung der heutigen und künftigen Generationen zu schaffen.

 

Vielen Dank.

 

Rede von Vladimir Turan, Vorsitzender der Gesamtgemeinde Backi Petrovac
Er hieß alle Anwesenden herzlich willkommen und überbrachte die Grüße im Namen der Gemeinde Backi Petrovac. Es sei für ihn eine besondere Ehre, alle begrüßen zu dürfen. Er sei stolz auf die Verwaltungen von Maglic und Backi Petrovac, eine solche Versammlung organisiert zu haben. „Haben Sie, liebe Bulkeser, es hier schön, genießen Sie Ihren Aufenthalt und nützen sie Ihre Zeit hier.“ Er hoffe, dass neue Freundschaften und Beziehungen entstehen werden und die Bulkeser noch oft hierher kommen.

 

Ansprache von Karl Weber, Vorsitzender der Heimatortsgemeinschaft Bulkes:

 

Sehr geehrter Herr Peric,

sehr verehrte Vertreter der Ortsgemeinschaft Maglic,

sehr verehrte Bürger von Maglic

verehrte Gäste, liebe Bulkeser Landsleute,

 

wir haben uns heute hier im Zeichen der Liebe, der Erinnerung und der Trauer zusammengefunden, um ein Gedenksymbol einzuweihen, zu Ehren unserer Angehörigen, die in der Zeit zwischen 1944 und 1948 ihr Leben verloren haben und ihre letzte Ruhestätte an verschiedenen Orten in der Vojvodina und Ukraine außerhalb ihres Heimatortes fanden.

 

Auf Grund der damaligen Verhältnisse - in und nach dem Zweiten Weltkrieg - war es nicht möglich, sie mit christlichem Beistand und Gedenksymbolen von dieser Welt zu verabschieden. Heute nach 66 Jahren ist es dank des großen Entgegenkommens der Vertreter des heutigen Maglic möglich, dies heute mit einem gemeinsamen Gedenksymbol nachzuholen.

 

Unsere Gedanken waren und sind seit ihrem Sterben immer wieder bei unseren Angehörigen, ganz besonders in dieser Stunde. Diese Stunde gehört ihnen.

 

Wir dürfen ihnen auf dem Friedhof ihrer Heimat und dem Friedhof ihrer Väter und Mütter ihre Identität und ihre Würde zurück geben, ihnen mit dieser symbolischen Umbettung, mit christlichem Segen, die letzte Ehre erweisen. Wir werden ihnen in ewiger Liebe zugewandt bleiben.

 

Es sei festgestellt, dass die Errichtung eines solchen Gedenksymbols mit 833 Namen eine Einmaligkeit in der Vojvodina zwischen den ehemaligen deutschen und den heutigen serbischen Bürgern darstellt.

 

Wir, die letzten der noch in Bulkes Geborenen und die Nachkommen, sprechen unseren großen Dank aus: allen Vertretern der Ortsgemeinschaft von Maglic, an der Spitze den Herren Rajko Peric, Radomir Zotovic, Mile Nisic sowie Frau Vinca Marjanovis, ebenso der Firma Bartos, die das Gedenksymbol fachgerecht herstellte, sowie allen, die an diesem Zustandekommen beigetragen haben.

 

Herzlichen Dank auch dafür, dass wir nun bereits zum dritten Mal hier Gast und willkommen sein dürfen. Diese große Menschenfreundlichkeit sucht ihresgleichen und ist ein vorbildlicher Schritt auf völkerverbindender Ebene.

 

Möge dieses Symbol auch in Zukunft dazu dienen, ein Zeichen der Freundschaft zwischen dem deutschen und dem serbischen Volk zu sein.

 

Ich danke Ihnen. 

 

 

Ansprache von Karin Marschall von der deutschen Botschaft in Belgrad:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

 

es ist mir eine große Ehre und Freude, heute als Vertreterin der Deutschen Botschaft hier zu sein und einige Worte an Sie zu richten.

 

Lassen Sie mich zuerst sagen, dass Botschafter Maas sehr gerne selbst hierher nach Maglic gekommen wäre, jedoch leider terminlich verhindert ist. Er hat mich jedoch gebeten, Ihnen seine herzlichen Grüße zu überbringen.

 

Dies ist ein besonderer Tag – für uns alle, aber sicher besonders für Sie, die ehemaligen Bewohner von Bulkes, sowie Ihre Kinder und Kindeskinder. Und sicher auch für Sie, die heutigen Bewohner von Maglic, auch Sie zum großen Teil Nachkommen von Vertriebenen, die hier eine neue Heimat gefunden haben.

 

Hier, in Ihrem Ort – und damit meine ich sowohl die ehemaligen Bewohner als auch die heutigen – bündelt sich Geschichte, wie in einem Brennglas. Für sehr viele ist es eine Geschichte voller Leid, eine Geschichte von Vertreibung, von Hunger, von Entwurzelung, sogar von Tod. Und doch ist es auch eine Geschichte der Hoffnung, einer Hoffnung, die sich hier und heute so deutlich manifestiert.

 

Nach all dem Leid der Vergangenheit setzen Sie heute hier gemeinsam ein Zeichen – ein Zeichen des Aufeinander-Zugehens, des Einander-Schätzens, des Einander-Anerkennens.

 

Die Einweihung eines solchen Mahnmals ist nicht „normal“. Sie ist vielmehr Ausdruck des Respekts vor der Vergangenheit, aber gleichzeitig deutliche Hinwendung zur Zukunft. Einer gemeinsamen Zukunft, Ihrer und unser aller gemeinsamen Zukunft, in der alle Menschen, unabhängig von ihrer Nationalität, ihrer Rasse, ihres Glaubens, ihrer Weltanschauung ihren Platz haben. Einer Zukunft, in der wir im jeweils anderen eben nicht das Trennende sehen, sondern das Gemeinsame. Einer Zukunft, die sich der Vergangenheit bewusst ist und sie annimmt, aber ohne dass diese Vergangenheit eine Bürde darstellt oder gar Vorwand für neuen Hass und neues Leid.

 

Aus der Vergangenheit können wir lernen, dass Unrecht nur neues Unrecht hervorbringt. Diese Spirale von Unrecht, Gewalt und Gegengewalt kann sich endlos drehen. Man kann sie aber auch durchbrechen, indem man nicht immer auf den anderen zeigt und dessen Fehler anprangert, sondern den Finger gegen sich selbst richtet und eigene Fehler eingesteht. Indem man dem anderen die Hand reicht.

 

Dieses Mahnmal hier ist auch so ein Zeichen - ein Zeichen der Hoffnung. Es gemahnt an dunkle Zeiten – und es weist den Weg in eine bessere Zukunft. Dass es möglich ist, dieses Mahnmal aufzustellen, zeigt, dass es Aussöhnung gibt, dass man der Vergangenheit gedenken kann in Trauer, aber ohne Hass und Bitterkeit, und dass aus dieser Trauer der Wunsch nach einer gemeinsamen, besseren, friedlichen Zukunft entstehen kann.

 

Insofern soll uns dieses Mahnmal nicht nur Mahnung sein, sondern auch Ermutigung, weiter an einem intensiven, lebendigen, fruchtbringenden Kontakt zwischen den Menschen zu arbeiten.

 

Ich danke Ihnen!

 

Ansprache von Josef Jerger, Vizepräsident des Weltdachverbandes der Donauschwaben

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Rajko Peric,

sehr geehrte Mitglieder des Gemeinderates und Bürger von Maglic,

liebe Bulkeser Landsleute,

 

es ist für mich eine besondere Ehre, bei der Einweihung dieses Gedenksymbols dabei sein zu dürfen. Ich überbringe die Grüße des Präsidiums des Weltdachverbandes der Donauschwaben und die Grüße des Bundesvorsitzenden der Donauschwaben in Deutschland, Herrn Hans Supritz.

 

Dieses Gedenksymbol mit den Namen aller aus Bulkes stammenden in den Jahren 1944 bis 1948, in der Vojvodina und der Ukraine umgekommener Deutschen, ist einmalig in ganz Serbien. Dass diese Tafeln mit den vielen Namen möglich wurden, ist der verständnisvollen Verwaltung von Maglic zu verdanken. Herr Bürgermeister Peric, Ihnen und den Mitgliedern des Gemeinderates danke ich im Namen aller weltweit zerstreut lebender Donauschwaben.

 

Danken darf ich auch dem Vorstand der Heimatortsgemeinschaft Bulkes mit seinem Vorsitzenden Karl Weber für die Idee zu diesem Gedenksymbol und allen Landsleuten, die hierfür gespendet haben. Mit diesen Tafeln sind die darauf aufgeführten in vielen Orten begrabenen Personen wieder symbolisch in den einstigen Geburtsort zurückgekehrt. Man hat ihnen ihre Würde zurückgegeben, es wird auch dann noch an sie erinnert, wenn es uns nicht mehr geben wird.

 

Was hier möglich wurde, ist ein Zeichen gegenseitiger Achtung und dient der Völkerverständigung. Nach rund 66 Jahren ist es an der Zeit, die Vergangenheit mit allen Kräften offen und ehrlich aufzuarbeiten. Dazu sind wir stets bereit gewesen und daran ist nun auch in Serbien die Bereitschaft vorhanden. Was heute hier geschieht ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich wünsche mir, dass die Dialoge offen und ehrlich geführt werden.

 

Meine Damen und Herren, die heutige Bewohner von Maglic sind an unserem schrecklichen Schicksal nicht schuld. Ich gehe fest davon aus, dass die Bewohner dieses Ortes diese Tafeln annehmen und die darauf verzeichneten Toten so respektieren, als wären es ihre eigenen.

Ich wünsche, dass die Begegnungen zwischen den Menschen aus Maglic und den Bulkesern Fortbestand haben mögen.

 

 Grußwort der Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker von Kirchheim/Teck, der Patenstadt der Bulkeser, vorgetragen von Otto Harfmann:

 

Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Maglic,

liebe Bulkeserinnen und Bulkeser,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

 

sehr herzlich grüße ich Sie zur Einweihung des Bulkeser Gedenksymbols in Ihrer beider Heimatgemeinde. Die Stadt Kirchheim unter Teck hat 1966 die Paten­schaft für die aus ihrer Heimat vertriebenen Bulkeserinnen und Bulkeser über­nommen. Diese Aufgabe hat die Stadt Kirchheim unter Teck in all den Jahren mit großer Verantwortung übernommen. Aus vielen Gesprächen mit Bulkeserinnen und Bulkesern weiß ich um die ungeheure Verletzung, die Sie durch Vertreibung, aber auch den Tod von Verwandten erfahren haben. Es war Ihr Wunsch hierfür, aber auch für eine gemeinsame Zukunft, ein Zeichen über all die Jahre zu setzen.

 

Als Oberbürgermeisterin der Stadt Kirchheim unter Teck freue ich mich - auch wenn ich heute nicht persönlich anwesend sein kann -, dass nunmehr in Maglic ein in Stein gehauenes und gemeißeltes Bauwerk an die früheren donauschwä­bischen Bewohner erinnert.

Mit dem heutigen Tag wird damit ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Annäherung und der Aussöhnung zwischen den heutigen Einwohnern von Maglic und den früheren Bürgerinnen und Bürgern von Bulkes gesetzt. Über viele Jahre war diese Annäherung sehr schwierig, weil es große Verletzungen auf beiden Seiten gegeben hat. Auf serbischer Seite wirkten die furchtbaren Gräueltaten des zweiten Weltkrieges nach und auf Seiten der Heimatvertriebenen die ebenso furchtbaren Verbrechen in der Zeit der Vertreibung.

 

Eine Aussöhnung fällt naturgemäß den unmittelbar betroffenen Menschen schwer. Aber es gab in der zurückliegenden Zeit immer wieder Menschen, die mit ihrem Einsatz wesentliche Grundlagen dafür gelegt haben, dass Sie beide - die heutigen Einwohner von Maglic und die früheren Bürgerinnen und Bürger von Bulkes - an diesem Gedenksymbol stehen. Es ist mir ein großes Anliegen, an dieser Stelle an das Wirken von Franz Jung zu erinnern.

 

Es gibt aus meiner Sicht heute zwei ganz besondere Leistungen, die es hervor­zuheben gilt. Zum einen die Leistung der Bulkeserinnen und Bulkeser, auch heute noch die Erinnerung an ihre Heimat hochzuhalten und auch mit einem erheblichen finanziellen Aufwand ein äußeres Zeichen ihrer Heimatverbundenheit hier an Ort und Stelle in Maglic zu setzen. Zum anderen aber auch die Bereit­schaft der Bürgerinnen und Bürger von Maglic, das Setzen dieses Zeichens zuzulassen und sich damit zur eigenen Vergangenheit zu bekennen.

 

Der heutige Tag mahnt uns aber auch, den Weg zu einem gemeinsamen Europa nicht abreißen zu lassen und ihn weiter zu beschreiten. Dazu gehört es, geopoli­tische Veränderungen, die die Menschen in ihren Ländern und Regionen selbst wollen, anzuerkennen und zu akzeptieren. Dazu gehört aber auch in einer finan­ziell schwierigen Phase, die Solidarität untereinander zu bewahren. Denn nur durch diese Solidarität kann der Integrationsprozess in ein vereintes Europa voll­endet werden.

 

Insofern deute ich die momentane Diskussion über den richtigen Weg zur Über­windung der europäischen Finanzkrise auch als eine Diskussion derer, die Europa weiterhin als einen losen Staatenbund sehen möchten und derjenigen, die eine wirkliche Vereinigung dieses Europas wollen. Wir haben uns auf dem Weg hin zu den Vereinigten Staaten von Europa gemacht. Erst wenn dieser Prozess vollendet sein wird, werden Tage wie heute nicht mehr ein schwer erarbeitetes Einzel­ergebnis, sondern zur Selbstverständlichkeit geworden sein. Ich bin der Über­zeugung, dass dies unser aller Ziel sein sollte.

 

In diesem Sinne danke ich allen, die tatkräftig an dem Entstehen dieses wich­tigen Gedenksymbols mitgearbeitet haben. Ein Gedenksymbol, das sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft deutet. Und so grüße ich Sie von Herzen

 

Ihre Angelika Matt-Heidecker

 


Laszlo Mandler, Präsident des Nationalen Rates der deutschen Minderheit in Serbien, überbrachte die Grüße unserer donauschwäbischen Landsleute in Serbien. Es sei für ihn eine besondere Ehre, diesem Beisammensein beiwohnen zu dürfen. Es sei die Aufgabe des Nationalrates, die Toten nicht zu vergessen. Besonders in Orten, wo Massengräber sind, mitzuhelfen, weitere Gedenkstätten zu schaffen. Beim Nationalrat seien immer die Türen geöffnet. Er hoffe, dass sich die Bulkeser in ihrer alten Heimat wohl fühlen.

 

Sehr gute Dolmetscher waren unser Bulkeser Wilhelm Bauderer und Goran Leko aus Neusatz.  

Die Ehrung unserer Toten

Dazu wurden unter den Klängen „Näher mein Gott zu Dir …“ vier Kränze niedergelegt und 150 rote Rosen gesteckt. Von den vier Kränzen wurden drei in den drei Nischen des Gedenksymbols und einer an dem vor drei Jahren eingeweihten Gedenkstein niedergelegt.

Jede der drei Nischen besteht aus zwei Tafeln mit den Namen der Toten. Unter jeder der insgesamt sechs Tafeln wurden Prismen mit Löchern angebracht, in welche die Rosen gesteckt werden konnten. Jede Rose war am unteren Ende in ein mit Wasser gefülltes Kunststoffröhrchen gesteckt.

 

Die drei Kränze am Gedenksymbol trugen die Aufschriften:

Ihr bleibt immer in unseren Herzen

Heimatgemeinschaft Bulkes

 

Ewig in Liebe Euch zugewandt

Eure Angehörigen

 

Ihr seid unvergessen

für immer – Eure Lieben

 

Der Kranz am Gedenkstein trug die Aufschrift:

Was bleibt ist Liebe, Dank und Erinnerung

In stiller Trauer, Eure Kinder

 

Das Bukett des Weltdachverbandes trug die Aufschrift:

In ehrendem Gedenken

Weltdachverband der Donauschwaben

 

Des Weiteren wurde auch von der Gemeinde Maglic ein schönes Bukett am Gedenksymbol niedergelegt.

 

Die Ehrung unserer Toten durften unsere 33 anwesenden Bulkeser Nachkommen vollziehen. Jeder der vier Kränze wurde von 4 Männern getragen, davor jeweils vier Frauen mit je zwei Rosen. Als die Musik das Lied „Näher mein Gott zu Dir …“ erklingen ließ, setzte sich der Trauerzug unserer Nachkommen langsamen Schrittes in Bewegung bis zu den etwa 30 m entfernten Gedenksteinen, legte die Kränze nieder und steckte die Rosen ein.

Diese Ehrung durch unsere Nachkommen war mein größter Herzenswunsch. Sie sollte ein Band legen, zwischen unseren Angehörigen und ihren Nachkommen, die sich gegenseitig nicht mehr kennen lernen durften.

Nachkommen, die an der Ehrung beteiligt waren:

Josef Bauer, Johann Bieber, Anneliese Böckmann, Erna Braitmaier, Friedhilde Conte, Liane Fischer, Torben Fischer, Britta Freudenreich, Günter Greifenstein, Ingrid Hachmer, Otto Harfmann, Bernd Hoffmann, Sibylle Hoffmann-Zeller, Ramona Hess, Ingolf Höhler, Gabriele Hochwarter, Karl Jung, Bob Lang, Friedrich Mayer, Elfriede Noitz, Angelika Rehm, Bernhard Rehm, Bernd Sander, Andrea Schäfer, Anneliese Schoppet, Maike Thomas, Claudia Wahl, Horst Walch, Dieter Weber, Ana Werle, Helene Werle und Peter Werle.

 

 

Anschließend begann der geistliche Teil der Veranstaltung, gestaltet von Prediger i.R. Karl Weber, Karlsruhe.

 

Zu Beginn wurde das Lied „Harre meine Seele …“ gesungen und von der Blasmusik begleitet.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute und Angehörige!

 

Nun sind die Namen unserer 833 umgekommenen toten Landsleute nach über 60 Jahren hier in Granit gemeißelt, sichtbar für alle. Damals wurden die meisten von ihnen namenlos und ohne würdige Bestattung in Massengräbern verscharrt. Mit diesem Gedenkstein ist es gelungen, ihnen ihren Namen und ihre Würde zurückzugeben. Dass dies möglich ist, macht uns dankbar und froh.

 

Viele unserer Bulkeser Landsleute können das nicht mehr miterleben. Sie sind inzwischen in ihrer jeweiligen neuen Heimat verstorben und dort bestattet worden. Wir aus der Erlebnisgeneration von damals sind im vorgerückten Alter. Ein Großteil konnte die Reise hierher nicht mehr mitmachen. Aber sie werden Fotos und Berichte über diese Feier sehen und so auch teilnehmen.

 

Durch diesen Gedenkstein wurde in mir noch eine tiefer gehende Frage wach: „Wo wird einmal mein, wo wird unser Name zu finden sein?“ Einmal werden die Gräber und Denkmäler verschwinden – und dann? Für mich ist es ein großer Trost zu wissen, was der auferstandene und zur Rechten Gottes erhöhte JESUS CHRISTUS denen, die zu ihm gehören, verheißt:

 

„Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!“ (Offenbarung 3, 12+13).

 

Was für eine Zusage von dem, dem alle Macht im Himmel und auf Erden gegeben ist: Pfeiler oder Tragsäulen dürfen die Menschen sein, die mit ihm verbunden sind. Ihre menschliche Schwachheit ist nicht das letzte. Seine Kraft lässt sie überwinden. Ihr Glaube, der von den Feinden aufs heftigste bekämpft und bestritten wird, ist dennoch der Sieg, der die Welt überwunden hat.

 

Auch auf diesen Säulen wird es eine Inschrift mit drei unauslöschlichen Botschaften geben:

1. „Ich will auf sie schreiben den Namen meines Gottes.“ Diese Menschen sind Eigentum Gottes, seine Kinder und Erben. Gottes Name und Wesen ist ihnen eingeprägt. Sie sind sein für immer.

2. „Ich will auf sie schreiben den Namen des neuen Jerusalems.“ Sie sind Bürger dieser Stadt Gottes. Der Herr macht sie auf ewig als solche kenntlich.

3. Ich will auf sie schreiben meinen Namen, den Neuen.“ Das ist der Name Jesu, der Name dessen, der am Ende und auf ewig der Sieger ist. Gott lässt sie teilhaben an seiner Siegerherrlichkeit.

 

Diese drei Botschaften, mit denen Gott seine Kinder zeichnet, machen deutlich, dass diese Menschen das ewige Eigentum des dreieinigen Gottes sind. Welch eine Aussicht ist hier denen gegeben, die auf Erden oft Schweres durchmachen! Der Herr lässt seine gläubigen Nachfolger nicht zuschanden werden, sondern zu seinem göttlichen Ziel kommen. Auf das Kreuz folgt einst die Krone.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Landsleute!

Wohl dem, der schon hier im irdischen Leben solch eine lebendige Hoffnung hat und wissen darf, dass sein Name und seine Persönlichkeit nicht vergehen werden. Jesus sagt es:

 

„Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben“ (Joh. 11, 25+26).

 

Mögen unsere Namen einmal nicht nur auf einen Stein geschrieben sein, sondern mögen sie von Gott selbst ins Buch des Lebens geschrieben sein (Offenbarung 20,15).

 

Mit den Worten des Liedes von Christian Fürchtegott Gellert möchte ich persönlich bekennen:

 

Jesus lebt, mit ihm auch ich! / Tod, wo sind nun deine Schrecken? / Er, er lebt und wird auch mich / von den Toten auferwecken. / Er verklärt mich in sein Licht: Dies ist meine Zuversicht.                            Amen

Die abschließenden Gebete wurden gemeinsam von Karl Weber und dem katholischen Pfarrer Jakob Pfeiffer gesprochen. Schließlich leitete das Lied „So nimm denn meine Hände …“ das Ende dieser denkwürdigen Veranstaltung ein.

Danach wurde jedem Bulkeser und den anwesenden Gästen eine rote Rose zum Einstecken an den Tafeln überreicht.

Viele der Anwesenden Bulkeser begingen am Ende den Friedhof, wo außer den Gruften nur noch wenige umgestürzte Grabsteine zu finden sind. Wir danken aber auch hier unseren Gastgebern, die das Gelände vom größten Gestrüpp befreit hatten. Mit großer Erleichterung der Verantwortlichen auf Maglicer und Bulkeser Seite über den voll gelungenen Verlauf der Veranstaltung machten wir uns zu Fuß und mit den Bussen auf den Weg zum Mittagessen.

 

Das Mittagessen in der „Guten Stube“ der Maglicer, im Restaurant im ehemaligen Pfarrhaus

Unsere von uns eingeladenen Ehrengäste und Gäste und natürlich auch wir Bulkeser, zusammen 130 Personen, freuten uns bei gutem Hunger auf die von unseren Nachkommen gewünschten Grillspezialitäten mit den entsprechenden Zutaten. Dabei durften wir nun schon zum dritten Mal an den festlich geschmückten Tischreihen in dem schönen Raum Platz nehmen und zum dritten Mal die hervorragend zubereiteten Speisen genießen..

Davor durften Bürgermeister Rajko Peric und ich selbst in kurzen Tischreden zum Essen einladen.  

Man hatte sich an allen Tischen während und nach dem Essen viel zu erzählen. Wilhelm Bauderer, Otto Harfmann und ich hatten Mühe, dass einigermaßen Ruhe einkehrte, um unsere mitgebrachten Geschenke zu überreichen.

 

 

Geschenkübergaben

Das Hauptgeschenk war ein Umschlag mit entsprechendem Inhalt als kleiner Dank für das große Entgegenkommen der Maglicer.

Das sichtbarste Geschenk waren zwei Bilder, 80 x 60 cm, einmal in serbischer und einmal in deutscher Sprache, mit einer Kurzbeschreibung über den Weg der Bulkeser von der Ansiedlung bis heute.

Anschließend überreichten wir Weinpräsente und Bücher in serbischer Sprache sowie zahlreiche Geschenke für Maglicer Kinder.

 

Musik zur Unterhaltung

Unsere Musikkapelle, die unsere Trauerfeier so gefühlvoll umrahmt hatte, zeigte nun auch ihre andere Seite mit Unterhaltungsmusik, welche die schon vorhandene gute Stimmung noch steigerte. Einige Pärchen drückten ihre Begeisterung damit aus, dass sie die gespielten Melodien mit Tanzen begleiteten. 

Gerne hätten die Musikanten noch weiter gespielt, aber im Zeitplan war nun der Besuch in unseren Häusern vorgesehen.

Ich musste warten, bis die letzte Melodie erklang, um unsere Musikern zu entlohnen, ebenso den guten Dolmetscher Goran Leko. Als sie dann aber mit „Schön ist die Jugend“ ihren Reigen beendeten, wurde es mir doch schwer ums Herz und mir kamen Tränen in die Augen, führte mich doch mein nächster Weg in mein Elternhaus, um mich dort wohl für immer zu verabschieden. 

 

In meinem Elternhaus

Meine Frau und meine Schwägerin begleiteten mich, bis sie in Richtung zu ihrem Elternhaus gingen. Mit mir waren noch unser Sohn Dieter und Josef Jerger. Unser Haus ist zweigeteilt, wir wurden von beiden Familien wieder sehr freundlich empfangen. Mir wurde mein Wunsch gestattet, noch einmal alle Räume zu sehen, mit den zwar alten, aber noch in einwandfreiem Zustand befindlichen Doppelfenstern und den hohen verzierten Türrahmen und Türen. Am Eingang des Hauses ist immer noch das alte Tor, am Ende des Hauses führt noch die alte Stiege zum Dachboden. Ich war froh, dass Josef Jerger gut dolmetschte, was auch den heutigen Hausbesitzern sehr angenehm war. Wehmütig verließ ich die Heimstätte meiner Kindheit, der Stress der langen Vorbereitung der Reise und der gute Ablauf unserer Veranstaltungen hatten viel Druck von mir genommen.
 

Der Abschied von Maglic, unserem Bulkes

Wir mussten etwas länger als vorgesehen warten, bis die letzten der Busmitfahrer eintrafen. So hörten wir, wie es den anderen bei ihren Besuchen erging. Dabei herrschte durchweg dankbare große Zufriedenheit. Unsere Maglicer Partner kamen nach und nach, um sich zu verabschieden. Ich denke, dass auch sie mit dem Verlauf des Tages zufrieden waren. Am Ende mussten auch Fritz Werle und ich uns verabschieden, wir kennen uns von Kindesbeinen an, waren zusammen in der Schule und sind über die ganze Zeit bis heute die besten Freunde geblieben.

Müde und abgespannt saß ich im Bus auf der Fahrt zurück ins Hotel nach Neusatz.

 

Gemütliches Beisammensein im Hotel Park

Etwas auseinandergezogen an kleineren Tischen, ließen die meisten den Tag ausklingen. Wer wollte, bekam noch etwas zu essen. Viele saßen noch lange bis in die Nacht hinein, um ihre Erlebnisse auszutauschen und eine erste Bilanz der Reise zu ziehen. Otto Harfmann und Dieter Weber sammelten die übriggebliebenen Dinars ein, die den Einzelnen bei der Endabrechnung gutgeschrieben wurden.

Ich selbst musste mich am Abend und am Montagmorgen, wie vor drei Jahren, an der Rezeption wegen der Endabrechnung herumärgern. Weil ich mich weigerte, den zu hohen Restpreis zu bezahlen, einigten wir uns schließlich, dass man die Rechnung von höherer Stelle überprüfen lässt und uns zusendet. Und siehe da, das ist mittlerweile mit korrektem Endpreis geschehen!

 

Die Heimreisen am Montag, den 12. September

Als ich, gestresst wegen der Abrechnung, als einer der letzten zu den Bussen kam, verabschiedete ich mich von den Flugreisenden, die etwas später als wir mit dem Transferbus abgeholt wurden. Nach Abstimmung mit Otto Harfmann, ob in seinem Bus auch alle Schäfchen an Bord sind, starteten wir pünktlich um 8.30 Uhr in Richtung serbisch-ungarische Grenze. 

Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass zwei Koffer von Busreisenden in der Hotelhalle stehen geblieben waren. Dank des Ehepaares Rehm aus Kirchheim/Teck, welches die Heimreise erst am Dienstag mit dem Flugzeug antrat, kamen die Koffer Tage später wohlbehalten bei den Eigentümern an. Nach knapp zwei Stunden erreichten wir die serbische Grenze. Dort wurde unser Bus nur die übliche Wartezeit aufgehalten, während Bus 2 länger gebremst wurde. So fuhren wir durch Ungarn nur teilweise zusammen.

Gut in der Zeit, konnten wir die Rastpausen voll genießen und kamen trotzdem rechtzeitig über die ungarisch-österreichische Grenze. Hier verabschiedeten sich Anneliese und Alois Böckmann an der Raststätte Göttlesbrunn, ein bisschen mit Wehmut, denn sie waren sehr gerne unter uns. Als wir dann nach kurzer Fahrt, diesmal ohne Bahnschranke, gegen 17.30 Uhr unser Hotel erreichten, war Bus 1 schon da.     

 

Der schöne Abend in Wien

Da waren aber auch schon unsere Wiener Bulkeser, um mit uns einen schönen Abend zu verbringen. Das Essen, ein vorzügliches Menü, vom Ober mit uns schon auf der Hinreise zusammengestellt, begann um 19.00 Uhr. Wir hatten nur noch die Anzahl, es waren dann 65 Teilnehmer, festzustellen. Sehr zügig bedient in einem geräumigen Saal mit gut platzierten Tischen, waren wir vor 20.00 Uhr mit dem wohlschmeckenden Abendessen fertig und schalteten unsere donauschwäbische CD-Musik ein.

Aber welche Überraschung, kaum jemand wollte sie hören, alle wollten mit einander erzählen und noch einmal erzählen. Wir schalteten sie wieder ab. Eine der rührendsten Szenen war das Wiedersehen meiner Schulkameradinnen und Nachbarsmädchen Elisabeth Toth, geb. Rapp, aus Wien und Maria Warneck, geb. Ilg, aus Hassloch in der Pfalz, nach 66 Jahren!

Wir hatten unser Beisammensein bis 22.00 Uhr vorgesehen, damit unsere Wiener Bulkeser, die auf der Reise dabei waren und die, welche am Abend hinzukamen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch den Heimweg antreten konnten.

 

Der Abschied wurde - es standen alle in einem großen Kreis - Hand in Hand mit dem Lied „Wahre Freundschaft soll nicht wanken“ eingeleitet. Rund 20 Wiener Bulkeser und über 40 Busreisende aus Deutschland sagten einander ade. Alte und neue Bekanntschaften mussten sich trennen, viele von ihnen werden miteinander in Verbindung bleiben. Insbesondere die Nachkommen, die das erste Mal dabei waren, fühlten sich wohl in der Bulkeser Sippe.

 

Am Dienstag, den 13. September, Heimfahrt von Wien, der letzte Reisetag  

Wieder pünktlich um 8.30 Uhr starteten die Busse zum letzten Mal gemeinsam bis Ansfelden. Hier gab es noch einmal ein großes Abschiednehmen untereinander, dann fuhren die Busse getrennt in Richtung München und Nürnberg. Aus unserem Bus verabschiedeten sich in Nürnberg Hilde und Hubert Kaller sowie die Kanadier Margarethe und Bernd Sander mit Bob Lang. Die anderen fuhren alle mit in die Pfalz nach Speyer, Mutterstadt und schließlich zur Endstation Fußgönheim, wo wir gegen 19.45 Uhr eintrafen.


Ich denke, insbesondere in der nächsten Ausgabe der Bulkeser Heimatzeitung werden noch eine Anzahl von Stellungnahmen erfolgen.

 

Für mich war diese Reise eine unbeschreibliche Herzensangelegenheit. Noch einmal Dank von dieser Stelle an alle, die in irgendeiner Weise zum guten Gelingen beigetragen haben.

 

Ich danke unserem Vater im Himmel, dass er uns auf allen Wegen und an allen Orten beschützt und geleitet hat, dass wir unseren Toten eine so große Ehre erweisen durften.